Die Gruppenzusammenstellung von Meerschweinchen ist keine einfache Angelegenheit. Meerschweinchen sind sehr soziale Tiere, die aktiv miteinander agieren. Sie bilden Beziehungen zu den Tieren aus, mit denen sie zusammenleben, und dürfen daher nie alleine gehalten werden.
Die natürlichen Verhaltensweisen der Tiere und ihr ausgeprägtes Sozialverhalten zeigen sich meist erst ab einer Gruppe von mindestens drei Tieren. Wenn möglich sollten daher immer mindestens drei Meerschweinchen zusammenleben. Im Todesfall erleichtert sich so auch die Suche nach einem neuen Tier, da kein Meerschweinchen vereinsamt und alleine warten muss.
Die Tiere haben ab einer Anzahl von drei Meerschweinchen ein aktiveres Sozialleben, können besser miteinander umgehen und sich gegenseitig leichter beschäftigen. Auch das Beobachten der Tiere macht in der Gruppe mehr Freude. Während Männchen sehr hierarchische Strukturen bevorzugen, bilden sich unter Weibchen oft flexiblere Beziehungen. Solche spannenden Entwicklungen lassen sich nur in einer artgerechten Gruppe gut analysieren.
Gruppenkonstellationen
Vier Konstellationen haben sich als erfolgreiche Strukturen für eine Gruppe von Meerschweinchen erwiesen:
Weibchengruppen
Die reine Weibchengruppe besteht aus zwei oder mehr Weibchen. Sie gehen meist sehr friedlich miteinander um, auch wenn es gelegentlich zu Zickereien kommen kann. Das kann jedoch auch in Gruppen mit einem Kastraten passieren und ist eher vom Charakter der Tiere abhängig als vom Geschlecht.
In freier Natur würden sich solche Gruppen allerdings nicht bilden. Ein nicht unerheblicher Teil des Sozialverhaltens (Werbe- und Paarungsverhalten) kann in reinen Weibchengruppen nicht ausgelebt werden. Außerdem wird ein Zusammenhang zwischen der reinen Haltung von Weibchen und dem vermehrten Auftreten von Ovarialzysten diskutiert.
Böckchengruppen
Gruppen nur aus Böckchen sind ebenfalls eine mögliche Haltungsform. Sie ist sehr anspruchsvoll und benötigt sehr viel Platz, mindestens 2 Quadratmeter pro Tier, damit die Männchen sich ausweichen und aus dem Weg gehen können. Sonst kann es zu dauerhaften Rangstreitigkeiten und Konflikten kommen.
Kastraten sind in der Gruppe vermutlich verträglicher im Umgang als nicht kastrierte Böckchen. Die Vergesellschaftung von Frühkastraten in eine Böckchengruppe verläuft üblicherweise problemlos.
Obwohl diese Struktur anspruchsvoll ist und relativ viel Platz benötigt, ist sie eine wichtige und lobenswerte Form der Meerschweinchenhaltung, da sich in Notstationen und Pflegestellen meist mehr Böckchen als Weibchen befinden. Schließlich sollen auch diese ein schönes Zuhause finden.
Haremsgruppen
Haremsgruppen sind eine sehr natürliche Form der Meerschweinchenhaltung und sehr artgerecht. Viele Probleme, wie die Gefahr von Ovarialzysten oder Streitigkeiten unter Männchen, treten bei dieser Gruppenzusammensetzung nicht auf. Daher ist sie auch für Anfänger sehr gut geeignet.
Ein Harem setzt sich aus einem Kastraten und mehreren Weibchen zusammen. Zu den Aufgaben des Kastraten gehören die Nahrungssuche und der Schutz der Gruppe im Falle eines Angriffs.
Kastraten, die älter als ein Jahr sind, sind oft besser für die Haremshaltung geeignet, da sie durchsetzungsstärker sind.
Gemischte Gruppen
Gemischte Gruppen bestehen sowohl aus Kastraten als auch aus Weibchen. Diese anspruchsvolle Haltungsform ist für Anfänger nicht zu empfehlen, da es zu Spannungen und Kämpfen zwischen den Männchen kommen kann.
Bei Wildmeerschweinchen ist es üblich, dass Männchen untereinander um ihre Harems kämpfen. Domestizierte Meerschweinchen leben friedlicher zusammen als Wildmeerschweinchen und in Südamerika sind gemischte Gruppen daher durchaus üblich.
Der erfahrene Halter muss Konflikte und Konfliktpotenzial schnell erkennen und die Situationen deeskalieren.
Als geeignet hat sich in einer gemischten Gruppe ein Verhältnis von zwei Männchen: vier bis sechs Weibchen erwiesen. Das Geschlechterverhältnis sollte auf jeden Fall zugunsten der Weibchen ausfallen.
Am besten für eine gemischte Gruppe geeignet ist die Kombination aus einem Frühkastraten und einem älteren Männchen. Der Frühkastrat wird dann von dem älteren Männchen angelernt und übernimmt die Gruppe später.
Alter und Charakter
Die erfolgreiche Zusammensetzung einer Meerschweinchengruppe hängt nicht nur vom Geschlecht ab. Ein wenige Monate alter Kastrat hat Schwierigkeiten, sich gegenüber einem Weibchen reiferen Alters durchzusetzen.
Bei wenigen Tieren sollten diese daher in einem ähnlichen Alter sein. In größeren Gruppen sollte für jedes Tier mindestens ein weiteres in einem passenden Alter vorhanden sein. Jüngere Meerschweinchen sind sehr viel aktiver als ältere, die mehr Ruhe brauchen. So können sie gut Zeit gemeinsam verbringen.
Auch Dominanzverhalten, Sozialisierung und Charakter sind für ein harmonisches Sozialgefühl wichtig. Daher ist es wichtig, eine Gruppe von Meerschweinchen geduldig und sorgfältig auszuwählen – genau wie die Gästeliste für eine Dinnerparty. Dem erfolgreichen Zusammenleben der Tiere steht dann nichts mehr im Wege.