In der Meerschweinchenhaltung spielt Heu eine wichtige Rolle, da es das ganze Jahr über als Ersatz für frische Wiese dient. Damit ist Heu insbesondere in den Wintermonaten und bei Stadtmeerschweinchen ein wichtiges Futtermittel. Als solches sollte es natürlich sorgfältig ausgewählt werden.
Heu besteht aus den getrockneten oberirdischen Bestandteilen einer Wiese. Dabei enthält es Gräser, Kräuter und Hülsenfrüchte (auch: Leguminosen).
Zur Heugewinnung werden fast ausschließlich Süßgräser eingesetzt. Hochwertiges Heu enthält möglichst viele verschiedene Gräser und Kräuter. Häufig in Heu vorkommende Grassorten sind zum Beispiel Wiesenschwingel, Rotschwingen, Wiesenrispe, Straußgras, Kammgras, Knaulgras, Wiesen-Lischgras und Weidelgras. Zu den Kräutern gehören Schafgarbe, Wiesen-Kerbel, Kümmel, Wilde Möhre, Fenchel, Wiesen-Labkraut, Pastinake, Petersilie, Spitzwegerich uvm.
Kriterien für qualitativ hochwertiges Heu
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Farbe und Aussehen
Eine frische, grüne Farbe spricht für günstige Erntebedingungen und geringe Nährstoffverluste bei der Lagerung. Gelbliches, blasses, schmutziges grau-weißes Heu wurde zum falschen Zeitpunkt geerntet und/oder schlecht gelagert und enthält daher nicht mehr so viele Nährstoffe.
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Geruch
Ein frischer und aromatischer Geruch spricht für eine hohe Kräutervielfalt. Riecht das Heu dagegen nach garnichts, verbrannt oder muffig ist es entweder schon zu alt, bei der Lagerung überhitzt worden, oder nass geworden und ggf. mit Schimmelpilzen befallen.
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Griff
Ein weicher und zarter Griff spricht dafür, dass das Heu viel blattreiches Material enthält. Es hat häufig einen geringen Raufaser, dafür aber einen hohen Eiweißgehalt. Ein rauherer Griff spricht für stängelreiches Material und einen hohen Raufaser und niedrigen Eiweißgehalt. Beides ist für Meerschweinchen geeignet, ideal wäre eine Mischung aus Beidem. Sperrig soll sich das Heu aber nicht anfühlen, dann enthält es für Meerschweinchen zu wenig verdauliche Blätter und zu viele unverdauliche Stängel. Auch klamm oder nass darf sich das Heu auf keinen Fall anfühlen, dann kann es zu gären beginnen und verderben.
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Verunreinigungen
Gutes Heu enthält keine Verunreinigungen wie Erde, Steine, Staub, Stroh usw. und schon gar keine Schimmelpilze (zu erkennen an muffigem Geruch und grau/weißen Nestern) oder Verpackungsmaterial (Metallklammern, Schnüre usw.)
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Zusammensetzung/Giftpflanzen
Das Heu soll eine vielfältige Zusammensetzung aufweisen und aus möglichst vielen verschiedenen Gräsern und Kräutern bestehen. Allerdings dürfen keine Giftpflanzen (Adlerfarn, Herbstzeitlose, Johanniskraut, Kreuzkraut, Sumpfschachtelhalm, Goldhafer usw.) enthalten sein.
Schnitt
Die Wiesen zur Heugewinnung werden, je nach Region und Höhenlage, bis zu sechsmal im Jahr geschnitten. Dabei wird vor allem zwischen dem ersten Schnitt und weiteren Schnitten unterschieden, da diese sich in Rohfaser-, Protein- und Nährstoffgehalt unterscheiden.
Erster Schnitt
Heu des ersten Schnitts hat einen hohen Rohfaser- und einen geringen Proteingehalt. Es ist, aufgrund seines frühen Erntezeitpunkts, häufig arm an Kräutern und Leguminosen.
Zweiter Schnitt/Grummet
Das Heu der folgenden Schnitte hat einen niedrigeren Rohfaser- und einen höheren Proteingehalt. Der Grasanteil ist geringer als im ersten Schnitt, dafür ist der Kräuter- und Leguminosenanteil höher. Die Struktur der Folgeschnitte ist in der Regel feiner als die des ersten Schnitts und zudem blatt- und kräuterreicher.
Meerschweinchen bevorzugen in der Regel Heu des zweiten Schnittes. Die Kräutervielfalt und die feinere Struktur wird von ihnen lieber aufgenommen. Allerdings ist auch der erste Schnitt aufgrund seines hohen Rohfasergehalts ein wichtiges Futtermittel. Ich empfehle, Heu der beiden Schnitte zu mischen oder in verschiedenen Raufen anzubieten, damit die Meerschweinchen, ihren Bedürfnissen entsprechend, selektieren können.
Trocknung
Nicht nur der Erntezeitpunkt und die Zusammensetzung der Wiese nimmt Einfluss auf die Heuqualität. Auch die Art der Trocknung spielt eine entscheidende Rolle.
Bodentrocknung
Bei der Bodentrocknung wird das Heu nach der Mahd auf dem Boden belassen und von der Sonne getrocknet. Dabei wird es mehrfach gewendet. Da es der Witterung dabei voll ausgesetzt ist und durch das Wenden im Heu enthaltene Blatt- und Kräuterbestandteile sowie Samen verloren gehen, ist Heu aus Bodentrocknung in der Regel ärmer an Nährstoffen als Heu aus anderer Trocknung.
Reutertrocknung
Die Reutertrocknung ist, wie auch die Bodentrocknung, ein älteres Verfahren. Dabei wird die frisch gemähte Wiese auf sog. Reutern (das sind Holz- oder Holz/Drahtgestelle mit oder ohne Überdachung) aufgehangen und getrocknet. Auch dabei gehen kleine Blattbestandteile und Samen verloren, die Gefahr des Auswaschens ist durch Überdachung aber zum Teil gebannt. Zudem trocknet das Heu ohne Bodenkontakt schneller.
Reuterheu ist daher in der Regel reicher an Nährstoffen als Heu aus Bodentrocknung.
Belüftungstrocknung
Im Vergleich zur Boden- oder Reutertrocknung hat die Heubelüftungstrocknung entscheidende Vorteile. Die Blatt- und Kräuterverluste die durch das Wenden entstehen, werden minimiert, außerdem sinkt die Gefahr der Verunreinigung deutlich gegenüber Heu aus Bodentrocknung. Weiterhin wird, durch die verkürzte Trockenzeit, die Vermehrung von Bakterien und Pilzen eingeschränkt.
Es gibt verschiedene Methoden der Belüftungstrocknung, allerdings hat sich in den letzten Jahrzehnten die Warmlufttrocknung gegenüber der Kaltlufttrocknung durchgesetzt. Das gewünschte Trocknungsergebnis lässt sich so deutlich schneller erreichen.
Heukauf
Verpackung
Plastikbeutel: Heu im Plastikbeutel erhält man häufig im Zoofachhandel. Es ist darauf zu achten, dass das Heu nicht zu stark gepresst wurde und noch längere Halme enthält. Außerdem muss die Verpackung Luftlöcher aufweisen, damit die enthaltene Restfeuchtigkeit entweichen kann und es nicht zu Schimmelbildung und/oder Gärprozessen kommt.
Papierbeutel: Heu im Papiersack erhält man bei einigen Bauern und im Zoofachhandel. Solange der Sack gut verschlossen ist damit der Inhalt vor Verunreinigungen geschützt ist, eignet sich diese Form der Verpackung sehr gut.
Karton: Für Heu im Pappkarton gilt im Grunde das Gleiche wie für Heu im Papiersack. Solange er sich gut verschließen lässt, eignet sich diese Form der Aufbewahrung.
Ballen: Beim Bauern erhält man Heu oft günstig im Ballen. Zuhause sollte man ihn dann aber nicht unverpackt (verschmutzen, verstauben) sondern anderweitig Lagern. Außerdem ist, bei der Lagerung von großen Mengen Heu, wegen der möglichen Selbstenzündungsgefahr die Hausratsversicherung zu informieren. Übrigens: Auch Heu lässt sich nicht unbegrenzt lange lagern und verliert mit der Zeit Nährstoffe. Daher immer nur so viel kaufen, wie in einem Jahr auch verbraucht werden kann!
Herstellerangaben
Die Futtermittelindustrie wird gerne kreativ wenn es um die Beschreibung der von ihnen vertriebenen Futtermittel geht. Da wird schon mal die ein oder andere gut klingende Vormulierung hervorgezaubert. Was sich hinter diesen, teils abenteuerlichen Bezeichnungen verbirgt, erfährst du hier.
Grummet: Alternative Bezeichnung für den zweiten Schnitt
Hoher Blattanteil: Es handelt sich meist um Heu vom zweiten Schnitt mit geringem Raufaser- und hohem Eiweißgehalt.
Hoher Kräuteranteil: Wie hoch der Anteil tatsächlich ist lässt sich nicht genau bestimmen, generell ist Vielfalt auf Heuwiesen natürlich gut. Problematisch kann ein hoher Kräuteranteil für Meerschweinchen mit Blasensteinen sein.
Hoher Süßgräseranteil: Die meisten verfütterten Grasarten gehören zu den Süßgräsern. Um welche Gräser genau es sich handelt bleibt unklar. Sauergräser werden in der Regel ohnehin nicht zur Heugewinnung verwendet.
INDOOR-Trocknung: Das gemähte Gras wird nicht unter freiem Himmel, sondern in Hallen getrocknet. Damit wird ein auswaschen der Nährstoffe durch Regen verhindert.
Warmluftgetrocknet: siehe Belüftungstrocknung
Unberegnet: Das Heu ist bei der Trocknung nicht erneut durch Regen nass geworden.
Bergwiesenheu: Bergwiesenheu ist kein geschützter Begriff. Vermutlich handelt es sich um eine Wiese in höherer Lage. Oft enthält Bergwiesenheu eine vielfältigere Zusammensetzung an Gräsern und Kräutern.
Bio-Heu: Der Begriff bezeichnet Heu, dass nach den Richtlinien der EU-Bio Verordnung (oder nach den Richtlinien eines anderen Bio-Siegels) hergestellt wurde. Die Wiese darf dann noch zwischen ein und drei Mal im Jahr gemäht werden. Das heißt, die Kräutervielfalt ist häufig höher. Allerdings bekommen so auch Giftpflanzen (wie z.B. Jakobskreuzkraut) die Chance zu wachsen und verunreinigen dann das Heu. In jedem Fall auf ein gültiges Bio-Siegel achten, denn häufig ist das im Internet angebotene Bio-Heu gar kein Bio-Heu.
Proteinheu: Bei dieser Bezeichnung bleibt umklar, ob es sich aufgrund der Wiesenzusammensetzung (Leguminosen etc.) und der Erntezeitpunkts um proteinreiches Heu handelt, oder ob dem Heu proteinreiche Zusätze (z.B. Mehlwürmer) zugesetzt wurden. Es lohnt ein Blick auf die Inhaltsstoffe. Extra proteinreiches Heu ist für Meerschweinchen unnötig und kann Verdauungsbeschwerden hervorrufen.
Zusätze
Neben normalem Wiesen- oder Bergwiesenheu werden vermehrt Heumischungen und Heu mit Zusätzen angeboten. In der Regel handelt es sich bei den Zusätzen um unbehandelte Einzelfutterkomponenten wie Apfelstückchen, Karottenstückchen, Kamillenblüten usw.
Für die Meerschweinchen ist solches Heu nicht unbedingt notwendig. Viele der Zusätze sind sehr stärkehaltig und können die gesunde Darmflora ins Ungleichgewicht bringen. Kräuterzusätze sind in gutem Wiesenheu in der Regel überflüssig, da artenreiche Heuwiesen Kräuter in Hülle und Fülle bereits enthalten. Vorsicht geboten ist bei Heu mit Eiweißzusatz. Soweit wir wissen nehmen Meerschweinchen kein tierisches Eiweiß zu sich. Heu mit Mehlwürmern, Heuschrecken, Heimchen usw. kann ihre empfindliche Darmflora ganz erheblich stören.
Heu mit getrocknetem Obst oder Gemüse
Heu mit Obst- und/oder Gemüsestückchen kann zur Abwechslung gerecht werden. In großen Mengen schaden die Einzelfutterkomponenten jedoch der Darmflora, da sie meist sehr stärkehaltig sind.
Heu mit getrockneten Blüten und Kräutern
Heu mit getrockneten Blüten und Kräutern kann bedenkenlos gereicht werden. Lediglich Meerschweinchen mit Harngries/Blasensteinen verzichten wegen des hohen Kalziumgehalts besser auf den Zusatz von getrockneten Kräutern und nehmen Wiese am Besten frisch zu sich.
Heu mit Proteinzusatz
Heu mit tierischem Proteinzusatz ist für Meerschweinchen ungeeignet.
Lagerung
Heu sollte möglichst trocken und dunkel gelagert werden. Damit es nicht zu Schimmelbildung oder Gärprozessen kommt muss die enthaltene Restfeuchte gut entweichen können.
Geeignet sind wasserdampfdurchlässige Behälter wie Baumwollbeutel, Jutesäcke oder alte Baumwollkissen und -bettbezüge. Auch Pappkartons oder Holzkisten sind geeignet.
Plastiktüten oder -boxen sind zur Lagerung ungeeignet, da es in diesen, bedingt durch die im Heu enthaltene Restfeuchtigkeit, oft zu Gärprozessen und/oder Schimmelbildung kommt.